YUSUF
Sure 12
(DER PROPHET) JOSEF
offenbart in Mekka
Der Name dieser Sure, die gegen Ende der Zeit in Mekka offenbart wurde, geht auf den Propheten Josef zurück, dessen Leben und Sendung hier behandelt wird.
Im Gegensatz zu den Geschichten anderer Gesandter, von denen unterschiedliche Episoden und Lebensumstände über verschiedene Suren hinweg geschildert werden, wird die Lebensgeschichte von Josef – Friede sei mit ihm – vollständig und in chronologischer Reihenfolge nur in dieser einen Sure erzählt, in der es nebenbei auch um den Wahrheitsgehalt von Träumen geht. Anhand der Lebensgeschichte dieses Gesandten, der in dem Land, in das er als Sklave verkauft worden war, zur berühmtesten und höchst geschätzten Persönlichkeit aufstieg, wird außerdem aufgezeigt, welch unterschiedliche Möglichkeiten es gibt, um der Sache des Islams zu dienen.
IM NAMEN GOTTES, DES ERBARMERS, DES BARMHERZIGEN!
1.Alif. Lām. Rā. Dies sind die Offenbarungen des Buches, das in sich eindeutig ist und klar die Wahrheit aufzeigt.
2. Wir schicken ihn als einen Qur’ān (eine Abhandlung) in Arabisch herab, damit ihr (sowohl über seine Bedeutung als auch über seinen Wortlaut) nachdenken und begreifen möget.
3. Wir sind im Begriff, dir (o Gesandter) die schönste der Geschichten (aus der Vergangenheit) zu erzählen, indem Wir dir diesen Koran offenbaren. Vordem warst du gewiss ihrer nicht gewahr.
4. Als Josef zu seinem Vater sagte: „O mein Vater! Ich habe im Traum elf Sterne gesehen sowie die Sonne und den Mond: Ich habe gesehen, wie sie sich vor mir niederwarfen.“
5. Er (Jakob) sagte: „O mein Sohn! Erzähle deinen Traum nicht deinen Brüdern, damit sie nicht (aus Neid) einen heimtückischen Plan gegen dich aushecken. Denn Satan ist den Menschen ein offenkundiger Feind (und kann sie zu solchem Handeln anstacheln).
6. Auf diese Weise wird dein Herr dich erwählen und dir einiges Wissen um die innere Bedeutung von Ereignissen (einschließlich von Träumen) gewähren und Seine Gnade an dir und an der Familie Jakobs vollenden, so wie Er sie vordem an deinen Vorfahren Abraham und Isaak vollendete. Wahrlich, dein Herr ist wissend, weise.“
7. Wahrlich, in (dieser Geschichte von) Josef und seinen Brüdern sind viele Zeichen (und Botschaften) für jene, die nach Wahrheit streben.
8. Als sie (die Brüder, indem sie sich aneinander wandten) sagten: „Josef und sein Bruder sind unserem Vater fürwahr lieber als wir, obwohl wir doch eine stattliche Schar sind (und ihm viel mehr nützen). Wahrlich, unser Vater befindet sich in offenkundigem Irrtum.“
9. (Einer von ihnen sagte:) „Tötet Josef oder vertreibt ihn in irgendein fernes Land, damit die Aufmerksamkeit eures Vaters nur euch allein gehört, und danach könnt ihr ja wieder rechtschaffene Menschen werden.“
10. Da sagte ein anderer von ihnen, indem er seine Meinung kundtat: „Tötet Josef nicht, sondern werft ihn hinab in die Tiefe des Brunnens (den ihr ja kennt), damit eine Karawane ihn herausholen und mitnehmen kann – (tut das) wenn ihr ernstlich zum Handeln entschlossen seid.“
11. Sie sagten (nachdem sie sich darüber einig waren) zu ihrem Vater: „Unser Vater! Warum willst du uns Josef nicht anvertrauen, wo wir es doch nur gut mit ihm meinen?
12. Lass ihn morgen mit uns hinausgehen, damit er sich vergnügt und spielt; wir werden gewiss gut auf ihn aufpassen.“
13. Er (Jakob) sagte: „Wahrlich, es macht mich traurig, dass ihr ihn mit euch nehmen wollt, und ich befürchte, dass ein Wolf ihn verschlingen könnte, während ihr nicht auf ihn achtgebt.“
14. Sie sagten: „Wenn ein Wolf ihn verschlingen würde, während wir doch eine stattliche Schar sind, dann würden wir gewiss selbst verloren sein.“
15. So nahmen sie ihn mit sich fort und beschlossen, Josef in die Tiefe des Brunnens zu werfen (was sie auch wirklich taten). Da offenbarten Wir ihm: „Du wirst sie ganz gewiss dereinst an diese ihre Tat erinnern, während sie nicht dessen gewahr sind (und weder wissen noch begreifen, was da vor sich geht).“
16. Und bei Einbruch der Nacht kehrten sie weinend zu ihrem Vater zurück.
17. Sie sagten: „O unser Vater! Wir sind miteinander um die Wette gelaufen, und haben Josef bei unseren Sachen zurückgelassen. Da hat ihn der Wolf verschlungen. Doch wir wissen, dass du uns nicht glauben wirst, auch wenn wir die Wahrheit sprechen.“
18. Sie hatten sein Hemd mit falschem Blut befleckt zurückgebracht. Da sagte Jakob: „O nein, eure (Böses gebietende) Seelen haben euch dazu verführt, etwas Schlechtes zu tun. Deshalb (ist die für mich angemessene Verhaltensweise) würdevolle Geduld (eine Geduld, die erträgt, ohne zu klagen). Gott ist es, dessen Hilfe gesucht werden kann (in der Lage), die ihr beschrieben habt.“
19. Und es kam eine Karawane und sie entsandten einen von ihnen, um Wasser zu holen. Er ließ seinen Eimer hinab (in den Brunnen). „Was für ein Glück!“, rief er: „Hier ist ein Junge!“ So versteckten sie ihn und behielten ihn als Handelsware, um ihn zu verkaufen. Und Gott wusste sehr wohl, was sie taten.
20. Und sie verkauften ihn um einen geringen Preis; ein paar Silbermünzen – so wenig Wert maßen sie ihm bei.
21. Und der Mann, der ihn in Ägypten kaufte, sagte zu seiner Frau: „Gib ihm eine ehrenvolle, gute Unterkunft. Es mag sein, dass er sich als nützlich für uns erweist oder dass wir ihn als Sohn annehmen.“ So räumten Wir Josef seinen Platz im Land (Ägypten) ein, auf dass Wir ihm Wissen und Verständnis über die innere Bedeutung von Geschehnissen, auch von Träumen, zuteil werden ließen. Gott behält stets die Oberhand über das, was Er will, doch die meisten Menschen wissen nicht (dass dies so ist).
22. Als Josef seine volle Manneskraft erreicht hatte, gaben Wir ihm Verfügungsgewalt mit vernünftigem, weisem Urteilsvermögen und besonderes Wissen. So belohnen Wir jene, die sich ganz dem Guten widmen, als ob sie Gott sehen könnten.
23. Und die Frau, in deren Haus er lebte, wollte sich durch ihn Vergnügen verschaffen. Sie verschloss die Türen und sprach: „Komm doch bitte her!“ Da sagte er: „Gott bewahre! Mein Herr (dein Gatte) hat mir ehrenvolle, gute Unterkunft gewährt. Wahrlich, Sündern wird es niemals wohl ergehen.“
24. Gewiss war sie mit brennendem Verlangen nach ihm erfüllt; und auch ihn würde es nach ihr verlangt haben, wenn er nicht bereits die Begründung und den Beweis seines Herrn (bezüglich der Keuschheit und des angemessenen Verhaltens) gesehen hätte (und deshalb nur darauf bedacht war, ihr zu entkommen). Wir haben es so eingerichtet (indem Wir ihm unsere Begründung und Unseren Beweis zeigten), damit Wir etwas Böses und Unschickliches von ihm fernhielten. Denn er war einer Unserer vollkommen aufrichtigen Diener mit reinen Absichten in seinem Glauben und bei der Ausübung seiner Religion.
25. So liefen sie um die Wette zur Tür, und sie zerriss sein Hemd von hinten, und sie trafen auf ihren Herrn (Gatten) an der Tür. Sie rief: „Was sollte die Vergeltung für den sein, der Böses gegen deine Familienangehörigen im Schilde führt – es sei denn, dass er eingekerkert wird oder eine schmerzliche Strafe erhält?“
26. Er (Josef) sagte: „Es war sie, die durch mich Vergnügen zu erlangen suchte.“ Und ein Anwesender unter ihnen, ein Mitglied der Familie, sagte: „Wenn das Hemd von vorne zerrissen ist, dann spricht sie die Wahrheit, und er ist ein Lügner.
27. Ist es jedoch von hinten zerrissen, dann lügt sie, und er sagt die Wahrheit.“
28. Als er (ihr Gatte) sah, dass sein Hemd von hinten zerrissen war, (wandte) er (sich seiner Frau zu und) sagte: „Dies ist eine Arglist von euch Frauen; denn fürwahr, groß ist eure Arglist.“
29. (Zu Josef) sagte er: „Erwähne dies nicht (irgendjemandem gegenüber).“ (Zu seiner Frau) sagte er: „Bitte um Vergebung für deine Schuld; denn du hast fürwahr eine Sünde begangen.“
30. Die Frauen (die) in der Stadt (klatschten) sagten: „Der Frau des hohen Würdenträgers verlangte es danach, sich durch ihren jungen Sklaven Vergnügen zu verschaffen. Gewiss hat es (ihr Verlangen nach ihm) ihr Herz mit Liebe durchbohrt. Wir sehen, dass sie ganz offensichtlich den Kopf verloren hat und von ihrem Weg abgekommen ist.“
31. Als sie von ihrem boshaften Getuschel hörte, schickte sie nach ihnen und bereitete für sie Liegestätten zu einem Festmahl. Sie gab einer jeden von ihnen ein Messer und sagte (zu Josef): „Komm heraus zu ihnen!“ Als sie ihn sahen, überkam sie eine solche Bewunderung, dass sie sich in ihre Hände schnitten, indem sie ausriefen: „Gott bewahre uns! Dies ist kein sterblicher Mensch; dies ist nichts anderes als ein edler Engel!“
32. Sie sagte: „Das ist jener, um dessentwillen ihr mich verspottet habt. Und es ist in der Tat so, dass ich versuchte, mir durch ihn Vergnügen zu verschaffen, doch er hielt standhaft an seiner Keuschheit fest. Wenn er aber fortfährt zu verweigern, was ich ihm befehle, soll er gewiss eingekerkert werden, und er wird fürwahr zu den Erniedrigten gehören!“
33. Er antwortete (indem er sich flehentlich an Gott wandte): „Mein Herr! Der Kerker ist mir lieber als das, wozu sie mich auffordern. Wenn Du nicht ihre Arglist von mir abwendest, könnte ich mich zu ihnen hingezogen fühlen und zu einem der Unwissenden werden (zu einem von jenen, die solchen Versuchungen erliegen).
34. Da erhörte sein Herr ihn und wendete ihre Arglist von ihm ab. Er ist fürwahr der Hörende, der Wissende.
35. Dann wurde ihnen (den Würdenträgern und seinen Familienangehörigen) klar, obwohl sie selbst die Zeichen (von Josefs Unschuld) gesehen hatten, dass sie ihn für einige Zeit einkerkern sollten.
36. Und es kamen mit ihm zwei junge Männer in den Kerker. Einer von ihnen sagte (eines Tages zu Josef): „Ich habe geträumt, dass ich Trauben auspresse für Wein.“ Der andere sagte: „Ich habe geträumt, dass ich Brot auf meinem Kopf trage, von dem die Vögel pickten. Lass uns wissen, was das bedeutet. Denn wir sehen fürwahr, dass du einer von jenen bist, die die besten Eigenschaften besitzen.“
37. Er sprach: „Das Essen, mit dem ihr (täglich) ernährt werdet, wird nicht zu euch gekommen sein, ehe ich euch nicht die Bedeutung dessen erklärt habe. Das gehört zu dem Wissen, das mein Herr mich gelehrt hat. Ich habe gewiss die Lebensweise der Menschen hinter mir gelassen, die nicht an Gott glauben (obwohl sie doch wirklich glauben sollten) und die nicht an das Jenseits glauben.
38. Ich habe den Weg meiner Väter Abraham, Isaak und Jakob befolgt. Es steht uns nicht zu, Gott irgendetwas als Teilhaber zur Seite zu stellen. Dies (was Er uns gelehrt hat und Seine Aufforderung, an Ihn zu glauben, ohne Ihm irgendwelche Teilhaber zur Seite zu stellen) gehört zu Gottes Gnade und Huld, die Er uns und der ganzen Menschheit zuteil werden lässt; doch die meisten Menschen zeigen sich nicht dankbar (dafür, indem sie ganz fest an Seine Einheit glauben und nur Ihn allein anbeten).
39. O meine beiden Kerkergefährten! Sind viele verschiedene Herren vernünftiger, und ist es besser (dass man ihnen die Schöpfung zuschreibt und an sie glaubt und ihnen gehorcht), oder sollte es Gott, der Eine, der Überwältigende sein (der volle Verfügungsgewalt über alles hat, was existiert)?
40. Ihr betet anstelle von Gott nichts anderes an als Namen, die ihr ersonnen habt, ihr und eure Vorfahren. (Im wirklichen Sinn) ruhen Entscheidung und Urteil bei niemand anderem als Gott allein: Er hat geboten, dass ihr niemanden außer Ihm anbetet. Das ist die ehrliche, ewig wahre Religion, doch die meisten Menschen wissen es nicht (und handeln aus ihrer Unwissenheit).
41. „(Was nun eure Träume angeht) o meine beiden Kerkergefährten! Einer von euch wird seinem Herrn (dem König) Wein zu trinken reichen. Was den anderen angeht, so wird er gehenkt werden und Vögel werden von seinem Kopf picken. Die Angelegenheit, über die ihr mich befragt habt, ist bereits entschieden.“
42. Er sagte zu dem von beiden, von dem er annahm, dass er freigelassen werde: „Erwähne mich in der Gegenwart deines Herrn.“ Doch Satan ließ ihn vergessen, ihn bei seinem Herrn zu erwähnen, und so blieb er noch einige Jahre im Kerker.
43. Und der König sagte eines Tages: „Ich sah im Traum sieben fette Kühe, die von sieben mageren verschlungen wurden, und sieben grüne Kornähren und andere (sieben) dürre. O ihr Würdenträger, gebt mir Auskunft über meinen Traum, wenn ihr Träume zu deuten versteht.“
44. Sie sagten: „Das sind wirre Traumbilder. Und wir verstehen nichts von der Auslegung von Traumbildern.“
45. Nun, nach all der langen Zeit, erinnerte sich derjenige der beiden (Gefangenen), der freigelassen worden war (an das, worum Josef ihn gebeten hatte), und sagte: „Ich werde euch ihre Bedeutung erklären, darum entsendet mich!“
46. (Als er zu Josef im Kerker kam, sagte er:) „Josef, o du Wahrhaftiger! Erkläre uns (die Bedeutung von) sieben fetten Kühen, die von sieben mageren verschlungen werden, und sieben Kornähren und anderen (sieben) dürren – sodass ich zu den Menschen (bei Hofe) zurückkehren kann. Vielleicht werden sie (nachdem ich ihnen von deiner Deutung der Träume berichtet habe) verstehen (was für ein Mann du bist und welches Unrecht dir zugefügt wurde).“
47. Er sagte: „Ihr sollt sieben Jahre lang wie üblich Getreide säen, doch was ihr geerntet habt, das lasst in den Ähren, bis auf weniges, von dem ihr esst.
48. Dann werden danach sieben harte Jahre kommen, die das aufbrauchen werden, was ihr für sie aufgespeichert habt, alles bis auf weniges, das ihr aufbewahren sollt (um es als Saatgut zu verwenden).
49. Und danach wird ein Jahr kommen, in dem den Menschen Regen gewährt wird und in dem sie (Früchte für Getränke und Öl) pressen werden (und reichlich Milch von ihrem Vieh haben werden).“
50. (Als ihm von der Deutung seiner Träume berichtet wurde) sagte der König: „Bringt ihn her zu mir!“ Als der Abgesandte (des Königs) zu ihm kam, sagte Josef: „Gehe zurück zu deinem Herrn, und befrage ihn, wie es um die Angelegenheit der Frauen steht, die sich in ihre Hände geschnitten haben. Denn gewiss hat mein Herr volle Kenntnis von ihrer Arglist (und meiner Unschuld).“
51. (Der König ließ die Frauen vor sich versammeln und) sagte: „Was geschah (zwischen euch und Josef), als ihr euch mit ihm Vergnügen zu verschaffen suchtet?“ Sie sagten: „Gott bewahre uns! Wir wissen überhaupt nichts Schlechtes von ihm!“ Und die Frau des hohen Würdenträgers sagte: „Jetzt ist die Wahrheit ans Licht gekommen. Ich war es, die versuchte, sich Vergnügen mit ihm zu verschaffen. Er war in der Tat wahrhaftig (in allem was er sagte und getreu gegen seinen Herrn).“
52. (Josef erhielt Kunde vom Schuldeingeständnis der Frauen und von der Bezeugung seiner Unschuld. Er erklärte, warum er um die Befragung gebeten hatte:) „Dies war so, damit mein (früherer Herr) wissen sollte, dass ich in seiner Abwesenheit nicht treulos gegen ihn gehandelt habe und dass Gott nicht der Arglist der Trügerischen (zum Erfolg) verhilft.
53. O ja! Ich spreche mich auch selbst nicht frei von Schuld, denn wahrlich, die menschliche Seele gebietet ständig Böses, es sei denn, mein Herr hat Erbarmen (das uns vor üblem Handeln bewahrt). Wahrlich, mein Herr ist vergebend, barmherzig (insbesondere gegen seine gläubigen Diener).“
54. Der König sagte: „Bringt ihn her zu mir, damit ich ihn für mich selbst (zu meinem persönlichen Berater) ausersehe.“ Und als er mit ihm gesprochen hatte, sagte er: „Ab heute sollt du eine Vertrauensstellung bei uns einnehmen.“
55. Er (Josef) sagte: „Setze mich über die Vorratshäuser des Landes ein, denn ich bin ein guter Hüter, der sie zu bewahren weiß.“
56. Auf diese Weise gaben Wir Josef Verfügungsgewalt im Lande (Ägypten). Er war höchst angesehen dort und konnte gehen, wohin er wollte, und seine Macht ausüben, wo immer er wollte. Wir zeichnen mit Unserer Barmherzigkeit aus, wen immer Wir wollen. Wir lassen den Lohn derjenigen nicht verloren gehen, die bestrebt sind, Gutes zu tun, so als ob sie Gott sehen könnten.
57. Doch der Lohn des Jenseits ist wahrlich besser für diejenigen, die glauben und sich hüten vor Ungehorsam gegen Gott in Ehrfurcht vor Ihm und in Frömmigkeit.
58. Und (nach einigen Jahren) kamen Josefs Brüder nach Ägypten und traten vor ihn hin: Er erkannte sie (sogleich), doch sie erkannten ihn nicht.
59. Als er sie mit ihrem Bedarf ausgestattet hatte, sagte er: „Bringt mir (wenn ihr das nächste Mal kommt) euren (Stief)bruder von eurem Vater. Seht ihr nicht, dass ich volles Maß gebe und dass ich der beste der Gastgeber bin?
60. Doch wenn ihr ihn nicht zu mir bringt, dann werde ich keine volles Maß an Versorgung mehr für euch haben, und ihr werdet nicht einmal bei mir vorgelassen.“
61. „Wir werden versuchen, dies bei unserem Vater zu erreichen, und wir werden uns bestimmt nach besten Kräften bemühen.“
62. Er (Josef) sagte zu seinen Dienern: „Steckt ihre Handelsware (die sie im Tausch weggegeben haben) zurück in ihre Satteltaschen, sodass sie sie finden mögen, wenn sie heimgekehrt sind, und deshalb (umso eher darauf drängen werden) zurückzukehren.“
63. Als sie zu ihrem Vater zurückgekommen waren, sagten sie: „O unser Vater! Uns wird weiteres Maß (an Versorgung) verweigert (wenn wir nicht unseren Bruder mitbringen), deshalb schicke unseren Bruder mit uns, damit wir unser Maß erhalten. Wir werden auch gewiss auf ihn achtgeben.“
64. Er sagte: „Soll ich ihn euch anvertrauen, so wie ich euch zuvor seinen Bruder anvertraut habe? Doch Gott ist der beste Beschützer, und Er ist der Barmherzigste der Barmherzigen.“
65. Dann, als sie ihr Gepäck öffneten, entdeckten sie, dass ihre Handelsware ihnen zurückgegeben worden war. „Vater“, sagten sie, „was können wir uns mehr wünschen? Hier ist unsere Handelsware, die uns zurückgegeben wurde. So werden wir also Versorgung für unsere Familie beschaffen können! Wir werden auf unseren Bruder achtgeben (und wenn er mit uns kommt) werden wir eine weitere Kamellast erhalten. Das ist eine leicht erhältliche Zuteilung.“
66. Er sprach: „Niemals werde ich ihn mit euch schicken, ehe ihr nicht ein verbindliches Versprechen im Namen Gottes abgelegt habt, dass ihr ihn gewiss zu mir zurückbringen werdet, es sei denn, ihr würdet (auf unabwendbare Weise) überwältigt.“ Dann, als sie ihm ihr verbindliches Versprechen gegeben hatten, sagte er: „Gott ist Zeuge und Sachwalter über alles, was wir sagen (und nur auf Ihn können wir uns bei der Erfüllung unserer Versprechen verlassen).“
67. Er sagte (als Ratschlag zu der Zeit, als sie abreisten): „O meine Söhne! Betretet die Stadt nicht (alle auf einmal) durch ein Tor, sondern begebt euch durch verschiedene Tore hinein. Doch ich kann euch überhaupt nichts nützen gegen das, was Gott will. Die Entscheidung und Machtbefugnis liegt bei niemand anderem als Gott allein. In Ihn habe ich mein Vertrauen gesetzt, und wer immer sein Vertrauen in jemanden setzen will, der sollte es in Ihn setzen.“
68. Sie betraten die Stadt auf die Weise, die ihr Vater ihnen aufgetragen hatte, obwohl es ihnen überhaupt nichts genützt hätte gegen etwas, das Gott gewollt hätte; es war lediglich ein Bedürfnis für Jakobs Seele, das so Befriedigung fand. Denn er besaß Wissen, das Wir ihn gelehrt hatten, doch die meisten Menschen wissen nicht (und handeln auch nicht entsprechend dem Wissen, das von Gott gewährt wird).
69. Und als sie bei Josef eingetreten waren, hieß er seinen Bruder bei sich willkommen und (indem er ihn beiseite nahm) sagte er (zu ihm): „Wahrlich, ich bin es – ich bin dein Bruder, deshalb sei nicht betrübt über das, was sie getan haben.“
70. Als er sie mit ihrem Bedarf versorgt hatte, steckte er den Trinkbecher (der ihm gehörte, als Geschenk) in die Satteltasche seines Bruders. Dann (als sie gerade dabei waren, den Rückweg anzutreten) ließ sich ein Ausrufer vernehmen: „O ihr Reisende von der Karawane! Ihr seid ganz gewiss Diebe!“
71. Sie sagten indem sie sich (dem Ausrufer und seinen Gefährten) zuwandten: „Was ist es, das ihr vermisst?“
72. Sie sagten: „Wir vermissen den Trinkbecher des Königs, und wer immer ihn zurückbringt, bekommt eine Kamellast (als Belohnung).“ (Und der Ausrufer fügte hinzu:) „Ich habe mich dazu verpflichtet, ihn zurückzubringen.“
73. Sie (die Brüder) sagten: „Bei Gott! Ihr wisst bestimmt, dass wir nicht gekommen sind, um Unordnung anzurichten und Verderben zu stiften im Land, und wir sind ganz gewiss nie Diebe gewesen!“
74. Sie sagten: „Was soll also die Strafe dafür sein, wenn ihr als Lügner entlarvt werdet?“
75. Sie sagten: „Die Strafe dafür ist: Die (Freiheit) desjenigen, in dessen Satteltasche er gefunden wird, das ist die Vergeltung dafür. Auf diese Weise vergelten wir denen, die Unrecht tun (die stehlen).“
76. (So wurden sie zu Josef zurückgebracht, um durchsucht zu werden.) Er begann mit ihrem Gepäck vor dem Gepäck seines Bruders; und dann holte er den Trinkbecher aus seines Bruders Gepäck hervor. Auf diese Weise trafen Wir Vorkehrung für Josef. Nach dem Gesetz des Königs hätte er seinen Bruder nicht zurückhalten können, es sei denn, Gott hätte es so gewollt. Wir erhöhen um Rangstufen, wen immer Wir wollen. Über jedem Eigner von Wissen ist (stets) einer, der noch mehr weiß (bis hin zu Gott, der allwissend ist)./
77. Sie (die übrigen Brüder) sagten: „Wenn er gestohlen hat – wohlan, ein Bruder von ihm hat bereits vordem gestohlen.“ (Josef aber ertrug ihre falschen Anschuldigung schweigend und) hielt dies in seiner Seele geheim, und er klärte sie nicht darüber auf. Er sagte (zu sich selbst): „Ihr seid gewiss in einer schlechten Lage. Gott weiß sehr wohl (um die Wahrheit dessen), was ihr da behauptet.“
78. „O du Erhabener!“, sagten sie: „Er hat einen Vater, einen hoch betagten Mann, so nimm einen von uns an seiner Stelle. Wir sehen doch fürwahr, dass du einer von jenen bist, die bestrebt sind, selbstlos Gutes tun.“
79. Er sagte: „Gott verhüte, dass wir irgendjemand anderen nehmen als den, bei dem wir unser Eigentum gefunden haben; (würden wir anders handeln) dann würden wir gewiss (ebenfalls) Unrecht tun.“
80. Als sie jede Hoffnung aufgeben mussten, ihn umzustimmen, zogen sie sich zurück, um sich untereinander zu beraten. Der Älteste von ihnen sagte: „Wisst ihr denn nicht, dass euer Vater ein verbindliches Versprechen in Gottes Namen von euch entgegen genommen hat und wie ihr es schon davor bei Josef gebrochen habt? Nie werde ich dieses Land verlassen, es sei denn, mein Vater gestattet es mir oder Gott trifft eine Entscheidung für mich (indem Er mein Leben beendet oder mir ermöglicht, meinen Bruder freizubekommen). Und Er ist der Beste, um Entscheidungen zu treffen.
81. Kehrt also zu eurem Vater zurück und sagt: ‘O unser Vater! Dein Sohn hat gestohlen. Wir bezeugen nur (etwas), was wir wissen; und wir sind nicht Hüter über das Verborgene.
82. Erkundige dich doch in der Stadt, in der wir gewesen sind, und bei der Karawane, mit der wir hierher gekommen sind. Wir sagen ganz gewiss die Wahrheit.’“
83. (Als sie zu ihrem Vater zurückgekehrt waren und ihm diese Worte vorgetragen hatten) sagte er: „O Nein! Es waren vielmehr eure (Übles gebietenden) Seelen, die euch zu etwas verführt haben. Deshalb (ist das angemessene Verhalten für mich jetzt) geziemende Geduld (eine Geduld, die erträgt ohne zu klagen). Es mag sein, dass Gott sie allesamt zu mir zurückbringen wird. Er ist der Wissende, der Weise.“
84. Er wandte sich von ihnen ab und sagte: „O wie bekümmert bin ich über Josef!“ Und seine Augen wurden trüb vor Trauer. Und er hüllte sich in Schweigen (und versagte sich jeglichen Groll gegen seine Söhne, und ließ sie nichts dergleichen spüren).
85. Sie sagten: „Bei Gott! Du wirst niemals aufhören, dich an Josef zu erinnern, bis du dahinsiechst oder daran zugrunde gehst!“
86. Er sagte: „Ich klage meinen Gram und meine Trauer nur Gott, und ich weiß von Gott, was ihr nicht wisst.“
87. Er sagte (als er sich erneut von seinen Söhnen verabschiedete): „O meine Söhne, zieht aus, und erkundigt euch nach Josef und seinem Bruder, und verzweifelt nicht an Gottes Barmherzigkeit, denn niemand verzweifelt je an Gottes Barmherzigkeit, außer Menschen, die nicht an Ihn glauben.“
88. Sie (kehrten also abermals nach Ägypten zurück und) traten vor Josef hin und sagten: „O du Erhabener! Unheil ist über uns und unsere Familie gekommen, und wir haben nur Handelsware von geringem Wert mitgebracht; doch gib uns volles Maß, und gewähre es uns als Almosen. Wahrlich, Gott belohnt diejenigen, die Almosen geben.“
89. Er sagte: „Wisst ihr nicht, was ihr Josef und seinem Bruder angetan habt, als ihr vorgingt, als ob ihr nichts wüsstet (über Recht und Unrecht)?“
90. Sie sagten: „Bist du tatsächlich Josef?“ Er sagte: „Ich bin Josef, und dies ist mein Bruder. Gott ist wahrlich gnädig gegen uns gewesen. Fürwahr, wer sich hütet vor Ungehorsam gegen Gott in Ehrfurcht vor Ihm und in Frömmigkeit und geduldig ist – ganz gewiss wird Gott den Lohn derer nicht verloren gehen lassen, die bestrebt sind, Gutes zu tun, als ob sie Gott sehen könnten.“
91. „Bei Gott!“, erwiderten sie, „Gott hat dich uns wahrlich vorgezogen, und wir sind ganz gewiss Sünder gewesen.“
92. Er sagte: „Kein Vorwurf soll euch heute gemacht werden. Möge Gott euch vergeben; Er ist ja fürwahr der Barmherzigste der Barmherzigen.
93. Geht also mit diesem meinem Hemd und legt es über das Gesicht meines Vaters, und er wird wieder sehen können; und dann kommt zu mir mit eurer ganzen Familie.“
94. Als die Karawane (der Brüder) aufgebrochen war, sagte ihr Vater (zu jenen, die um ihn waren): „Fürwahr, ich spüre den Duft von Josef, auch wenn ihr meint, ich sei im Irrtum.“
95. „Bei Gott“, sagten sie, „du befindest dich fürwahr in deinem alten Irrtum.“
96. Doch als der Bringer der frohen Botschaft (mit Josefs Hemd) ankam, legte Jakob es sich über das Gesicht und er erlangte sein Sehvermögen zurück. (Bald darauf kehrte auch die Karawane der Brüder wieder nach Hause zurück.) Er sagte: „Habe ich euch nicht gesagt, dass ich von Gott weiß, was ihr nicht wisst?“
97. (Jakobs Söhne gestanden, was sie getan hatten.) Sie sagten: „O unser Vater! Bitte Gott, uns unsere Schuld zu vergeben; wir haben fürwahr gesündigt.“
98. Er sagte: „Ich werde meinen Herrn bitten, euch zu vergeben. Er ist ja wahrlich der Vergebende, der Barmherzige.“
99. (Als Jakobs Familie Ägypten erreichte) traten sie vor Josef hin (der herausgekommen war, um sie willkommen zu heißen). Er umarmte seine Eltern und sagte (zu all jenen, die gekommen waren): „Betretet Ägypten, so Gott will, in Sicherheit (ohne jegliche Furcht vor Not und Kummer)!“
100. Er erhob seine Eltern auf den Thron, und sie alle warfen sich vor Josef nieder (als Zeichen ihrer Treue gegen ihn). Er sagte: „O mein Vater! Dies ist die Bedeutung meines Traumes, den ich vor langer Zeit hatte; mein Herr hat ihn wahr gemacht. Er ist fürwahr gnädig gegen mich gewesen: Er hat mich aus dem Kerker befreit, und Er hat euch alle aus der Wüste hierher geführt, nachdem Satan zwischen mir und meinen Brüdern Zwietracht geschürt hatte. Wahrlich, mein Herr führt auf geheimnisvollste Weise das herbei, was Er will. Fürwahr, Er, ja, Er ist der Wissende, Weise.
101. O mein Herr! Du hast mir fürwahr gar große Herrschaftsgewalt gegeben und mir einiges Wissen über den tieferen Sinn aller Geschehnisse (einschließlich der Träume) gewährt. O Du Schöpfer der Himmel und der Erde, die beide mit ihren besonderen Merkmalen ausgestattet sind! Du bist mein Eigner und Beschützer in dieser Welt und im Jenseits. Nimm meine Seele zu dir als Muslim, und vereine mich mit den Rechtschaffenen.“
102. Dies ist ein Bericht von einigen beispielhaften Ereignissen des Verborgenen (einer Sphäre und Zeit, die außerhalb des Wahrnehmungsbereichs erschaffener Wesen liegt), die Wir dir offenbaren (o Gesandter). Du warst nicht unter ihnen, als sie sich über ihre Machenschaften einigten und dann heimtückische Pläne schmiedeten (gegen Josef).
103. Doch so sehr du es dir auch wünschst, die meisten Menschen sind nicht bereit zu glauben.
104. Und du verlangt keinen Lohn von ihnen dafür (dass du ihnen den Koran überbringst). Dies ist wahrlich nichts anderes als eine Botschaft und eine Ermahnung für alle denkenden Wesen.
105. Wie viele Zeichen gibt es in den Himmeln und auf Erden, an denen sie vorüberkommen, ohne darüber nachzudenken oder sie überhaupt zu beachten.
106. Und die meisten von ihnen glauben nicht einmal an Gott, ohne Ihm Teilhaber zur Seite zu stellen.
107. Fühlen sie sich denn sicher davor, dass nicht eine überwältigende Strafe von Gott über sie kommen wird, die sie ganz und gar einhüllt, oder dass die letzte „Stunde“ nicht ganz plötzlich über sie hereinbricht, ohne dass sie sich (ihres Kommens) bewusst sind?
108. Sprich (zu ihnen, o Gesandter): „Dies ist mein Weg: Ich rufe zu Gott auf aufgrund deutlicher Beweise und sicheren Wissens – ich und jene, die mir folgen. Gepriesen sei Gott (denn Er ist hoch erhaben darüber, irgendwelche Teilhaber zu haben) -, und ich bin nicht einer von jenen, die Ihm Teilhaber zur Seite stellen.“
109. Wir haben auch vor dir nichts anderes als Menschen aus den Reihen der Bewohner der Städte (in denen Wir sie erweckten) als Gesandte geschickt, denen Wir Eingebungen zuteil werden ließen. Sind sie denn nie auf Erden umhergereist und haben gesehen, wie das Ende derjenigen war, die vor ihnen gewesen sind (jener, die ständig fortfuhren, Ihm Teilhaber zur Seite zu stellen und Unrecht zu tun und Übertretungen zu begehen)? Wahrlich, die Heimstätte des Jenseits ist am besten für jene, die sich hüten vor Ungehorsam gegen Gott in Ehrfurcht vor Ihm und in Frömmigkeit. Wollt ihr also nicht nachdenken und begreifen?
110. Bis dann, wenn sie (die früheren Gesandten, die schwer und lange unter Verfolgung zu leiden hatten) nahezu die Hoffnung verloren und davon überzeugt waren, dass sie abgewiesen werden würden, Unsere Hilfe sie erreichte. Und wen immer Wir wollten, der wurde errettet. Doch Unsere gewaltige Strafe lässt sich nicht von den schuldigen Menschen abwenden, die sich der Sünde hingeben.
111. Wahrlich, in den beispielhaften Lebensgeschichten ist eine wichtige Lehre für Menschen, die einsichtig sind. Er (der Koran, der sie enthält) ist keineswegs eine ersonnene Abhandlung, sondern (ein Buch, das von Gott offenbart wurde als) eine Bestätigung der (von Gott verfassten) früheren Offenbarungen (in denen noch immer Wahrheit enthalten ist) und eine Darlegung aller Dinge und eine Rechtleitung und eine Barmherzigkeit für Menschen, die bereit sind zu glauben und tatsächlich gläubig sind.