Ich habe mir lange das Bild angesehen. Was man dabei fühlt, lässt sich weder in Worte fassen noch kann man die Tiefe des Leidens begreifen. Ich konnte nur murmeln: „Verdammt! Verflucht sei das! Wieso müssen Kinder sowas erleiden?!
Dieses unglückliche palästinensische Kind war nur eines von Tausenden, das von Kameras aufgenommen wurden.
Versteht ein Kind etwas von Krieg? Es kennt weder Ideologien, noch interessiert es sich dafür, wo Grenzen verlaufen. Dieses unschuldige Kind möchte einfach nur leben, spielen, im Schoß seiner Mutter einschlafen.
Aber es gibt Gegenden auf der Welt, in denen Kinder mit der Geburt gezwungen sind, sofort erwachsen zu werden. Dort ist das Leben etwas, das ein Kind verliert, bevor es überhaupt leben darf.
In den Augen des kleinen Mädchens auf dem Foto liegt der größte stille Schrei des Moments.
Ein Paar schmutziger Sandalen in der Hand, eine leere Schale vor dem Mund, eine zerstörte Stadt im Hintergrund…
Ob in Gaza oder anderswo – spielt das eine Rolle? Hat Leiden nicht eine Sprache, ein Land, eine Religion?
Dieses Kind und alle anderen Kinder gehören der Menschheit. Es ist das Symbol für kollektive Verrohung, Gewissenlosigkeit, Schweigen und Barbarei.
Müssen Kinder beim Blick in den Himmel Bomben zählen. Zusehen, wie das eigene Haus einstürzt, das Zelt verbrennt, das Spielzeug unter Trümmern verschwindet, falls es überhaupt noch lebt…
Welches heilige Buch, welcher Glaube kann den Terror am 07. Oktober und danach die Zerstörung rechtfertigen?
Es gibt keine Argumentation dafür, unschuldige Zivilisten brutal zu töten.
Kann man mit Terror, mit Gewalt, mit Hass Rechte und etwas Menschliches einfordern?
Im Krieg gewinnt niemand. Aber es gibt die eine unumstößliche Wahrheit: Alle verlieren; vor allem aber die Kinder.
Vielleicht heißt das kleine Mädchen auf dem Foto Zaynab.
Vielleicht sagte sie ihrer Mutter zuletzt: „Ich bin gleich zurück.“
Vielleicht wird sie jahrelang nicht mehr lachen… vielleicht nie mehr.
Aber das, was sie erlebt hat, ist nicht nur ihr Schicksal; es ist unsere gemeinsame Last.
Und wir haben sie nicht getragen. Vielleicht konnten wir es nie.
Aber jene schmutzigen Sandalen in den kleinen Händen sind heute das Symbol des Krieges.
Barfuß – das ist die Unschuld des Kindes. Vielleicht schmutzig, aber noch am Leben.
Wie das kleine Mädchen selbst.
Und jene leere Schale steht nicht nur für den Hunger – sie symbolisiert auch, dass die Welt in eine neue Raserei, in die Entmenschlichung abgleitet. Trotz Zivilisation und Wissen. Gelehrsamkeit und Digitalisierung. Denn die wahre Barbarei unserer Zeit ist nicht mehr Hunger oder Bomben. Es ist das Schweigen, die Gleichgültigkeit und die Gefühllosigkeit.
Dieses Bild ist Zeuge dafür, dass Menschlichkeit schon unter den Trümmern begraben liegt.
Wann haben wir uns an solche Bilder gewöhnt?
Wann wurde es „normal“, ein Kind hungrig, durstig, zwischen Ruinen laufen zu sehen?
Wenn wir solche Szenen in den Nachrichten nur wenige Sekunden anschauen und dann den Sender wechseln – stirbt da etwas in uns?
Oder ist es längst gestorben?
Ob in Gaza, im Jemen, im Sudan, Ukraine oder sonst wo.
Der Schluchzer eines Kindes klingt überall gleich.
Aber wir hören ihn nur noch als „Hintergrundrauschen“ der Nachrichten.
Genau hier liegt die Verrohung der Menschlichkeit.
Es sind nicht nur Gebäude, die einstürzen – es sind auch unsere Gewissen.
Ich habe meine Seite gewählt.
Ich stehe auf der Seite der Kinder.
Zur Hölle mit denen, die diesem Gräueltaten Vorschub leisten!
Keine Begründung ist nicht mehr wichtiger als dieses Bild.
Ich bin bei diesem kleinen Mädchen.
Ich bin bei ihrem Recht zu leben, zu spielen, zu lachen.
Wenn überall auf der Welt Stimmen laut werden, kann ihr vielleicht ein Schritt zur Rettung gelingen.
Es geht längst nicht mehr um Politik. Es geht um Menschlichkeit, aber dringend!
Vielleicht erinnern wir uns eines Tages, wenn wir diesem Kind in die Augen blicken, wieder daran, was es heißt, überhaupt Mensch zu sein…
Vielleicht erreicht ihr stummer Schrei den letzten Funken Gewissen in uns.
Und vielleicht – vielleicht erheben wir dann gemeinsam unsere Stimme gegen jene, die all das verursachen.