Als die Mekkaner von Muhammads Plänen erfuhren, nach Medina zu gehen, um sich so ihrem Zugriff zu entziehen, wollten sie ihn töten. Doch sie kamen zu spät, denn er hatte sich bereits an der Seite Abu Bakrs auf den Weg nach Medina gemacht. Dort gründete er einen Stadtstaat, dessen Verfassung die erste Verfassung der islamischen Geschichte und nach Ansicht mancher Rechtshistoriker die erste schriftliche Verfassung der Welt überhaupt war. Denn sie wurde zur praktischen Anwendung von unterschiedlichen Religionsgemeinschaften gleichzeitig unterschrieben. Dank dieser Verfassung lebten Juden, Christen und Muslime in Medina eine kurze Zeit lang friedlich zusammen.
Die „Auswanderung“ (Hidschra) des Propheten Muhammad und seiner Gefährten von Mekka nach Medina im September 622 christlicher Zeitrechnung ist von weltgeschichtlicher Bedeutung. Sie bildet einen so deutlichen Wendepunkt der islamischen Geschichte, dass sie den Beginn der islamischen Zeitrechnung markiert. Das islamische Jahr ist ein reines Mondjahr und somit 10 bzw. 11 Tage kürzer als ein Sonnenjahr; 100 Sonnenjahre der europäischen Zeitrechnung entsprechen also ungefähr 103 Jahren islamischer Zeitrechnung. Die Reihenfolge der islamischen bzw. arabischen Monate lautet: Muharram, Safar, Rabî’u l-awwal, Rabî’u l-akhîra, Dschumadu l-ûla, Dschumadu l-akhîra, Radschab, Scha’bân, Ramadân, Schawwâl, Dhû l-aa’da, Dhû l-hidscha.
Die „Auswanderer“ (die Muhâdschirûn) wurden von der Bevölkerung Medinas, den „Helfern“ (den Ansâr), wie sie später genannt wurden, sehr freundlich empfangen. Die Zahl der Muslime stieg fortan ständig; sogar einige führende jüdische Vertreter bekannten sich zum Islam.
Die Tatsache, dass die Gegner des Propheten Muhammads versuchten, den Aufstieg des Islams zu verhindern, führte in späteren Jahren zu mehreren militärischen Auseinandersetzungen und Schlachten. Die Muslime errangen den Sieg in Badr (binnen drei Stunden am 18 November 624) und erlitten eine kleine Niederlage in Uhud (binnen sechs Stunden 24 Dezember 625). Ohne einen Sieger blieb die Belagerung Medinas durch die Mekkaner (627). Die eingeschlossenen Muslime hatten dabei rings um die Stadt Gräben ausgehoben (daher der Name „Grabenkrieg“). Im Jahr 628 erschienen die Muslime vor Mekka, um dort die Pilgerfahrt zu vollziehen. Dieses Ziel erreichten sie in dem Jahr noch nicht, konnten aber mit den Bewohnern Mekkas einen 10-jährigen Waffenstillstand schließen: das berühmte Friedensabkommen von Hudaybiya, das jedoch zwei Jahre später von den Mekkanern verletzt wurde. 629 errangen die Muslime den Sieg in Khaybar und marschierten anschließend gegen Mekka. Ohne Gegenwehr wurden ihnen die Tore der Stadt geöffnet. Der Prophet ordnete an, die Bevölkerung Mekkas zu verschonen, woraufhin viele Mekkaner den Islam annahmen. Die Götzenbilder wurden aus der Kaaba verbannt und zerstört. Nach der Eroberung Mekkas fand im Monat Dezember der Hunayn-Krieg statt, der 5-6 Stunden dauerte. In den Jahren 630/1 schickten die arabischen Stämme Abgesandte zum Propheten, um ihn von ihrem Übertritt zum Islam zu informieren. 631 kam es erneut zu einem Krieg, in dem die Muslime einen Feldzug gegen Tabuk, eine von den Ghassaniden besetzte Stadt, führten. Man beachte jedoch, dass der Prophet Muhammad aktiv nur an den Kriegen Badr, Uhud und Hunayn teilnahm und dass sämtliche vom Propheten geführten Kriege Verteidigungskriege waren. Zählt man die Sicherheitsbrigaden, die zähen Verteidigungs- und Belagerungsmaßnahmen (wie die Belagerung von Medina) und die Feldzüge, aus denen im Endeffekt doch keine Kriege resultierten, nicht mit, so hat sich der Prophet Muhammad nicht einmal einen Tag lang in 23 Jahren seines Wirkens aktiv an kriegerischen Auseinandersetzungen beteiligt. 632 unternahm er an der Seite von Tausenden von Muslimen die erste Pilgerfahrt des Islams nach Mekka, an der sich die Pilgerfahrten späterer Jahre orientierten. Hier hielt der Prophet auch vor über 100.000 Menschen seine berühmte Abschiedspredigt (die im Anhang abgedruckt ist, siehe Kapitel 28.1.). Zurück in Medina erkrankte der Prophet Muhammad plötzlich schwer und verstarb am 8. Juni 632.
Muhammad ist der letzte der Propheten, der Koran die abschließende Offenbarung Gottes an die Menschen, der Islam die den Menschen von Gott gegebene Lebensweise. Die Sunna des Propheten Muhammad ist den Muslimen Erläuterung und praktische Anwendung der koranischen Lehren. Im Koran steht geschrieben, dass seine Prophetenschaft schon von Jesus angekündigt wurde (61:6). Seine Entsendung wird als eine Barmherzigkeit des Schöpfers für alle Welten beschrieben (21:107), er selbst als „das Siegel der Propheten“ (33:40).
Quelle: Mertek, Muhammet (2012), Der Islam: Glaube, Leben, Geschichte, INID/Hamm.