Der Rechtsgelehrte Muhammad asch-Schafi’i wurde 767 in Ghazza geboren, verbrachte aber seine Kindheit in Mekka. Er ist der bedeutendste Theoretiker des islamischen Rechts. Im Alter von 20 Jahren ging er nach Medina und studierte dort bei Imam Malik islamisches Recht. Anschließend unternahm er viele Reisen nach Arabien, in den Irak und nach Ägypten. In den Bereichen Recht, Hadith und Literatur verfügte er über das umfangreichste Wissen seiner Zeit. Trotzdem führte er ein sehr bescheidenes Leben. Im Alter von 54 Jahren verstarb er 820 in Kairo.
Asch-Schafi’i bemühte sich, zu allen Rechtsfragen Stellung zu nehmen und seine eigene Meinung einzubringen. Die bis zu seiner Zeit entwickelten Rechtsnormen stellten ihn nicht zufrieden. Während die Malikiten eine konservative Linie vertraten und sich streng an die Tradition hielten, die Hanafiten dagegen die Möglichkeit bejahten, neue Gesetze zu erlassen und neue Rechtsnormen zu entwickeln und dabei das eigene Urteil für maßgeblich hielten, versuchte asch-Schafi’i, einen Mittelweg zu finden. Er bekannte sich zur Wichtigkeit der Übereinstimmung der Rechtsgelehrten und sprach sich dafür aus, die Möglichkeit der Rechtsfindung durch Analogieschluss (qiyâs) strenger zu handhaben. Dabei entwickelte er (in seinem Hauptwerk Kitâb al-umm) ein eigenes Rechtssystem. In seinem Werk Kitâb ar-risâla analysierte er die Methoden der Rechtsprechung und die Grundsätze des Rechtswesens. Auch die beiden wertvollen Werke über Hadithe namens As-sunan und Al-musnad verdanken wir ihm. Während die schafiitische Rechtsschule zur Zeit der Abbasiden in Ägypten, Damaskus, dem Irak, dem Iran und Khorasan viele Anhänger fand, wird sie heute nur noch in Ägypten, Jordanien und Indonesien befolgt.