Muhammad (Friede sei mit ihm!) war gerade 40 Jahre alt, als er mit der Prophetenschaft betraut wurde. Anfangs wusste er nicht recht, wie ihm geschah, und konnte das, was er empfand, nicht einordnen. Er begann sich von den Menschen zurückzuziehen und die Einsamkeit zu suchen. Als ihm klar wurde, dass er sich gegen seine Empfindungen nicht zur Wehr setzen konnte und dass er in Gegenwart seiner Frau und in seiner gewohnten Umgebung keinen Zugang zu diesen Empfindungen hatte, packte er sich einige Nahrungsmittel ein und machte sich auf den Weg zu der fünf Kilometer von Mekka entfernten Höhle Hira. Dort, am Lichtberg, führte er einen Monat lang ein Eremitendasein, unterbrochen nur von ganz wenigen Gängen in die Stadt, um sich etwas zu essen zu besorgen. Gegen Ende des Monats Ramadan, in der Nacht der Bestimmung, sah er plötzlich den Offenbarungsengel Gabriel vor sich, der ihn aufforderte:
– „Lies!“
– „Ich kann nicht lesen“, entgegnete er.
Muhammad beherrschte bis dahin weder das Lesen noch das Schreiben. Nachdem der Engel seine Aufforderung wiederholt und Muhammad erneut geantwortet hatte, dass er nicht lesen könne, übermittelte ihm der Engel die erste Offenbarung:
Lies, im Namen deines Herrn, der erschaffen hat – erschaffen hat Er den Menschen aus einem (an der Gebärmutterwand) anhaftenden Blutgebilde. Lies, und dein Herr ist der Gütige, der (den Menschen) gelehrt hat durch die Schreibfeder – den Menschen gelehrt hat, was er nicht wusste. (96:1-5)
Tief erschüttert kehrte Muhammad nach Hause zurück. Als er sich wieder gefangen hatte, vertraute er seiner Frau Khadidscha an, was ihm widerfahren war. Eine Zeit lang erhielt er keine weiteren Offenbarungen mehr und fürchtete, womöglich ein Opfer des Teufels geworden zu sein. Dann aber begab er sich ein zweites Mal zur Höhle am Lichtberg. Wieder erschien ihm Gabriel und sagte: „O Muhammad, du bist der Gesandte, ich bin Gabriel.“ Das Geschehen wiederholte sich also, und Muhammad war sich nun ganz sicher, zum Propheten bestimmt worden zu sein.
Die Anfänge des Islams
Nach seiner Berufung zum Propheten sprach Muhammad zuerst zu seinen Verwandten in Mekka. Die ersten Muslime waren deshalb auch Khadidscha, Ali, Zaid und Abu Bakr. Im Laufe der nächsten drei Jahre wandte er sich dann an immer mehr Menschen. Sein Onkel Abu Lahab stellte sich gegen ihn, aber Abu Talib bekräftigte, er werde seinen Neffen von ganzem Herzen unterstützen.
Die offene Verkündung eines neuen Glaubens erregte natürlich das Misstrauen der Mekkaner. Um die Verbreitung der neuen Religion zu verhindern, war ihnen jedes Mittel recht. Besonders die Schwachen und die Sklaven, die ihre Sympathie für den Islam bekundeten, hatten unter Nachstellungen zu leiden. Die Tatsache, dass auch einflussreichere Menschen wie Umar dem Islam beitraten und so die Position der Muslime stärkten, ließ die Unterdrückung durch die Mekkaner immer härter werden. Als die Verfolgung schließlich unerträglich wurde, sorgte der Prophet Muhammad dafür, dass eine Gruppe von Muslimen nach Abessinien auswanderte, wo sie von König Negus freundlich aufgenommen wurden.
Zehn Jahre nach der Berufung Muhammads zum Propheten starben im sogenannten „Jahr der Trauer“ Abu Talib, sein Onkel, und seine Frau Khadidscha. Um den Islam zu verkünden und um Hilfe zu bitten, ging der Prophet nach Ta’if, eine Stadt in der Nähe von Mekka. Doch auch dort behandelte man ihn schlecht und jagte ihn schließlich davon. So kehrte er für kurze Zeit nach Mekka zurück, um die Stadt dann endgültig Richtung Medina zu verlassen.
Quelle: Mertek, Muhammet (2012), Der Islam: Glaube, Leben, Geschichte, INID/Hamm.