Islamische Quellen bezeichnen Imran als Vater Marias. Imran gehört einer genealogischen Linie an, die bis auf den Stammvater Abraham zurückgeht. Die Mutter Marias war Anna (arab.: Hanna), die Tochter Fazukas. A´isha (in der christlichen Tradition: Elisabeth), die Frau des Heiligen Zacharias und Schwester Annas, war die Mutter Johannes, des Täufers. Der Prophet Muhammad hat dies mit den Worten bestätigt:„Johannes und Jesus sind Vettern.“
Von der Geburt Marias wird im Koran Folgendes berichtet:
Damals sagte die Frau Imrans: Mein Herr, siehe, ich gelobe Dir, was in meinem Leibe ist, zu weihen; so nimm es von mir an; siehe, Du bist der Hörende, der Allwissende.“ Und als sie es geboren hatte, sagte sie: „Mein Herr, siehe, ich habe es als Mädchen geboren.“ Und Allah wusste wohl, was sie geboren hatte; denn der Knabe ist nicht wie das Mädchen. „Und ich habe sie Maria genannt, und siehe ich möchte, dass sie und ihre Nachkommen bei Dir Zuflucht nehmen vor dem gesteinigten Satan.“ Und so nahm sie Allah gnädig an und ließ sie in schöner Weise in der Obhut des Zacharias heranwachsen. Sooft Zacharias zu ihr in den Tempel hineintrat, fand er Speise bei ihr. Da sagte er: „O Maria, woher kommt dir dies zu?“ Sie sagte: „Es ist von Allah; sieh, Allah versorgt unbegrenzt, wen er will.“ (3:35-37)
Der Name Maria geht auf das altsyrische Wort Miryam (Dienerin) zurück. Der Zufluchtsort, von dem im Koranvers 3:37 die Rede ist, wird auf Arabisch Mihrab genannt und bezeichnet den Ort, der in den Moscheen dem Imam (dem Vorbeter) vorbehalten ist. In diesem Vers jedoch beschreibt mihrab einen über eine Treppe zugänglichen Raum im Tempel. In diesem hatte Zacharias Maria eine Wiege bereitet. Maria, deren Mutter ihre Geburt nicht überlebte, wurde so in eine spirituelle Atmosphäre hinein geboren. Hier wuchs sie mit dem besonderen Wohlwollen Gottes auf. An diesem Zufluchtsort im Tempel hatte Zacharias vor der Geburt Marias Gott darum gebeten, ihm Kinder zu schenken:
Dort rief Zacharias seinen Herrn an und sagte: „Mein Herr, gib mir als Geschenk von Dir gute Nachkommenschaft, wahrlich, Du bist der Erhörer des Gebets.“ (3:38)
Der Koran berichtet uns davon, dass das Gebet Zacharias erhört wurde. Dann wendet er sich der Lebensgeschichte Marias zu:
Und damals riefen die Engel: „O Maria, siehe, Allah hat dich auserwählt und gereinigt und erwählt vor den Frauen der Welten. O Maria, sei vor deinem Herrn voller Andacht und wirf dich nieder und beuge dich mit den Sich-Beugenden. (3:42)
Maria war also rein und frei von Sünde. Sie wurde von Gott auserwählt. Weil sie Jesus auf eine Weise zur Welt brachte, wie es keiner anderen Frau jemals gewährt wurde, genießt sie auch einen höheren Stellenwert als alle anderen Frauen. Ihre Gebete verrichtete sie zusammen mit der Gemeinde im Tempel.
Damals sprachen die Engel: „O Maria, siehe, Allah verkündet dir ein Wort von Ihm; sein Name ist der Messias Jesus, der Sohn der Maria, angesehen im Diesseits und im Jenseits und einer von denen, die (Allah) nahe stehen. Und reden wird er in der Wiege zu den Menschen und auch als Erwachsener, und er wird einer der Rechtschaffenen sein.“ „Mein Herr, soll mir ein Sohn (geboren) werden, wo mich doch kein Mann berührte?“ Er sprach: „Allah schafft ebenso, was er will; wenn Er etwas beschlossen hat, spricht Er zu ihm: „Sei!“ und es ist.“ (3:45-47)
Den Namen Christus (arab.:masih) kommentieren islamische Gelehrte wie folgt: „In der hebräischen Ursprungsbedeutung steht masih für ‚gesegnet‘.Masih wird jedoch auch als Beiname Jesu verwendet.“ Auch weil Jesus auf Geheiß Gottes einige der Verpflichtungen Mose außer Kraft setzte, wurde er Masih genannt.
Im ersten dieser drei Verse fällt auf, dass hier von einem Wort von Ihm die Rede ist. Dazu bemerkt der bekannte türkische Korankommentator M. Hamdi Yazir: Die Tatsache, dass im Koran nicht ‚das Wort Gottes‘ steht, sondern das unbestimmte Pronomen ‚ein‘ benutzt wird, verdient besondere Beachtung.Ein Wort- hier schwingt ein unbekannter, fremder und ganz und gar ungewöhnlicher Unterton mit, der gleichzeitig die Identität Jesu charakterisiert. Die Schöpfung Jesu war nämlich eine außergewöhnliche Maßname Gottes.Von Ihm bekräftigt, dass es sich hierbei um einen Schöpfungsakt handelte, den Gott Selbst ohne jeden Vermittler vornahm. Deshalb war dieser Akt so außergewöhnlich. Das Wort entspricht der Wahrheit, es ist das wahre Wort Gottes. (Hak Dini Kur`an Dili, Band 2, S. 363)
Das Wort entspringt der arabischen Wurzel k-l-m, welche eine Wirkung bezeichnet, die durch Gefühle, Sehkraft oder Hörvermögen erzielt wird. In unserem Kontext bezeichnetWort eine Aussage, die an jene gerichtet ist, die die Möglichkeit einer Jungfrauengeburt verneinen. Es erinnert sie an die Ansprache Gottes, die Seine Macht, Seine Weisheit, Sein Spenden von Leben und andere Attribute beinhaltet. Diese umfassende Ansprache Gottes gipfelt schließlich in dem Befehl „Sei!“ und es ist.“
Die Geburt Jesu mit den Gesetzen der Fortpflanzung erklären zu wollen, ist vollkommen unnötig. Das Gesetz der Fortpflanzung wurde bereits durch die Geburt der ersten Vertreter der zweihunderttausend Tierarten außer Kraft gesetzt. Schon sie kamen ohne einen Vater oder eine Mutter zur Welt.
Hier wird also deutlich, wie oberflächlich jemand denkt, der die Jungfrauengeburt Marias nicht akzeptieren will. Diese missachtet zwar das Gesetz der Fortpflanzung. In 2000 Jahren Menschheitsgeschichte geschieht dies aber lediglich ein einziges Mal. Was seine Geburt betrifft, kann Jesus wohl am ehesten mit Adam verglichen werden.
Jesus hatte keinen Vater. Seine Geburt war ein einzigartiges Wunder. Wenn nun aber jemand versucht, die Aussagen des Koran überzuinterpretieren, und an dieser verlässlichen und authentischen Wahrheit zu zweifeln, weil sie dem Gesetz der Fortpflanzung widerspricht, dann sollte seinen Worten keine Bedeutung beigemessen werden. Ausnahmen bestätigen die Regel. Es existiert kein universelles Gesetz, das nicht mindestens einmal von außergewöhnlichen Individuen gebrochen worden wäre. Ein Gesetz, das von Beginn an gebrochen wurde und alljährlich unzählige Ausnahmen zulässt, kann und darf einen so außergewöhnlichen und wunderbaren Menschen wie Jesus Christus nicht einschränken.
Der Heilige Koran berichtet von der Schwangerschaft Marias und der Geburt Jesu:
Und erwähne im Buch Maria. Als sie sich von ihrer Familie nach einem östlichen Ort zurückzog und sich vor ihr abschirmte, da sandten Wir Unseren Engel Gabriel zu ihr, und er erschien ihr in der Gestalt eines vollkommenen Menschen; und sie sagte: „Ich nehme Zuflucht vor dir beim Erbarmer, (lass ab von mir,) wenn du Gottesfurcht hast.“ Er sprach: „Ich bin der Bote deines Herrn. (Er hat mich zu dir geschickt,) auf dass ich dir einen reinen Sohn beschere.“ Sie sagte: „Wie soll mir ein Sohn (geschenkt) werden, wo mich doch kein Mann (je) berührt hat und ich auch keine Hure bin?“ Er sprach: „So ist es; dein Herr aber spricht: „Es ist Mir ein Leichtes, und Wir machen ihn zu einem Zeichen für die Menschen und zu Unserer Barmherzigkeit, und dies ist eine beschlossene Sache.“ Und so empfing sie ihn und zog sich mit ihm an einen entlegenen Ort zurück. Und die Wehen der Geburt trieben sie zum Stamm einer Dattelpalme. Sie sagte: „O wäre ich doch zuvor gestorben und wäre ganz und gar vergessen!“ Da rief er ihr von unten her zu: „Sei nicht traurig. Dein Herr hat dir ein Bächlein fließen lassen; und schüttele den Stamm der Palme in dein Richtung, und sie wird frische reife Datteln auf dich fallen lassen. So iss und trink und sei frohen Mutes. Und wenn du einen Menschen siehst, dann sprich: „Ich habe dem Erbarmer zu fasten gelobt, darum will ich heute mit keinem Menschen reden.“ Dann brachte sie ihn auf dem Arm zu den Ihren. Sie sagten: O Maria, du hast etwas Unerhörtes getan. O Schwester Aarons, dein Vater war kein Bösewicht, und deine Mutter war keine Hure.“ Da zeigte sie auf ihn. Sie sagten: „Wie sollen wir reden zu einem, der noch ein Kind in der Wiege ist?“ Er (Jesus) sagte: „Ich bin ein Diener Allahs; Er hat mir das Buch gegeben und mich zu einem Propheten gemacht. Und Er gab mir Seinen Segen, wo ich auch sein möge, und Er befahl mir Gebet und Zakah, solange ich lebe; und ehrerbietig gegen meine Mutter (zu sein); Er hat mich nicht gewalttätig und unselig gemacht. Und Friede war über mir an dem Tage, als ich geboren wurde, und (Friede wird über mir sein) an dem Tage, wenn ich sterben werde.“ (19:16-33)
Die Beschreibungen des Koran könnten uns Hinweise darauf geben, wo der Geburtsort Jesu liegt. Der in den Worten Als sie sich von ihrer Familie nach einem östlichen Ort zurückzog und sich vor ihr abschirmte…beschriebene Ort bezieht sich wohl entweder auf einen Ort östlich des Geburtsort Marias oder auf einen Ort östlich des Dorfes, in dem ihr Onkel Zacharias mit seiner Frau vor ihrer Geburt wohnte, vielleicht aber auch auf einen Ort östlich des Tempels, in dem sie wohnte. Als die Wehen einsetzten, machte sich Maria auf den Weg zu dem Bächlein und der Palme. In Sure 23 wird dieser Ort genauer beschrieben:
Und Wir machen den Sohn der Maria und seine Mutter zu einem Zeichen und gewährten ihnen Zuflucht zu einem Hügel mit einer grünen Fläche und einem fließenden Quell. (23:50)
Die Süddeutsche Zeitung hat in ihrer Ausgabe vom 23. Dezember 1999 eine deutsche Übersetzung von Koranversen über Maria veröffentlicht. Diese wurde von einer kurzen Einführung auf der Titelseite begleitet: „Die schönste Weihnachtsgeschichte finden wir – nein, nicht in der Bibel, sondern im Koran. Ein Jesuit erklärt, warum.“ Der Autor des Artikels war ein angesehener Jesuitenpater aus Frankfurt: Prof. Rupert Lay. Der Philosoph und Buchautor Lay war zu der Überzeugung gelangt, dass zu einer Zeit, in der viele Christen die vollkommene Manifestation Gottes in Jesus in Frage stellen, die koranischen Ausführungen zur Person Jesu christlicher seien als einige christlich orientierte Erläuterungen. Lay fügte anerkennend hinzu: „Muhammad ist sicherlich einer der größten Verehrer Marias, denn sie ist ihm die Mutter des Messias. Und weil sie als uneheliche Mutter verstanden werden musste, bedurfte sie besonderen Schutzes. Wenn Sie Ihre Wege einmal nach Ephesos führen sollten, besuchen Sie doch das Haus, in dem Maria der Legende nach die letzten Lebensjahre verbrachte. Sie werden erstaunt sein, wer dort betet. Es sind sehr viele Muslime und sehr wenige Christen.“
Publikationen dieser Art dürften dazu beitragen, das Verhältnis zwischen den beiden Glaubensbekenntnissen entscheidend zu verbessern.