Der Name der Religion, die Gott, der Allmächtige, allen Seinen Gesandten offenbart hat, lautet Islam. Geradeso wie die im Universum wirksamen Gesetze unabänderlich und unumstößlich sind und geradeso wie der erste Mensch auf Erden sich im Hinblick auf sein Menschsein, seine Eigenheiten, seine grundlegenden Bedürfnisse und das, was ihn am Ende erwartet, nicht von allen anderen Menschen unterscheidet, die vom ersten Tag der Welt bis heute gelebt haben, so gibt es auch nur eine einzige Religion, die auf den immer gleichen Grundlagen von Glauben, Anbetung und Moral basiert. Als den letzten Seiner Gesandten entsandte Gott Muhammad, Friede und Segen seien mit ihm, mit der vollkommenen und letztgültigen Form der Religion. Gleichzeitig verfügte Er, dass das Buch, das dieser Prophet brachte, für alle Zeit bewahrt werden würde: Wahrlich, Wir sind es, die die Ermahnung in Abschnitten herabsenden, und Wir sind es fürwahr, die ihre Wächter sind. (15:9) Die Menschen, die den von Moses und Jesus überbrachten Botschaften folgten, nannten ihre Bekenntnisse später Judentum bzw. Christentum. Der vom Propheten Muhammad verkündete Islam aber hat sich als die vollkommene und letztgültige Form der Religion Gottes seinen ursprünglichen Namen bewahrt.
Gott, der Allmächtige, agiert in unserer Welt hinter dem Schleier der natürlichen und materiellen Ursachen. Und so hat Er auch die notwendigen Ursachen und Mittel erschaffen (und erschafft sie weiterhin), um den Koran in seiner ursprünglichen Form zu bewahren. Eines dieser Mittel und einer der Gründe, warum der Allmächtige einerseits zwar zugelassen hat, dass man Seine früheren Schriften verfälscht hat, anderseits den Koran aber bewahrt hat, liegt in der beispiellosen Verbundenheit der Prophetengefährten und der nachfolgenden Generationen von Muslimen mit ihrem Buch. Sie trugen einen maßgeblichen Teil dazu bei, dass der Koran in keinster Weise abgeändert wurde. Mit dem Propheten Muhammad, Friede und Segen seien mit ihm, hat Gott den Islam in die Lage versetzt, alle existierenden Verständnisebenen anzusprechen und alle Probleme der Menschheit zu lösen, die bis zum Jüngsten Tag noch auftauchen werden. Daher wird kein weiterer Prophet mehr benötigt, der die Religion ein weiteres Mal modifizieren oder wiederbeleben müsste; und es besteht auch kein Bedarf mehr nach einem weiteren offenbarten Buch.
Noch zu Lebzeiten des Propheten Muhammad, Friede und Segen seien mit ihm, und unter seiner persönlichen Kontrolle wurde der Koran niedergeschrieben. So fiel kein einziges seiner Worte unter den Tisch, kein einziges wurde hinzugefügt oder verstümmelt. Die Koranausgaben, die seit 14 Jahrhunderten zirkulieren, weisen keinerlei Unterschiede auf. Diese Tatsache, dass der Koran – im Gegensatz zu allen vor ihm offenbarten Büchern und Schriften – ohne eine einzige Veränderung, Hinzufügung oder Streichung in seiner ursprünglichen Form bewahrt wurde, ist unbedingt hervorzuheben. Weiterhin machen folgende Punkte den Koran so einzigartig:
- Der Koran wurde in Abschnitten offenbart. Gott, der Allmächtige, veranlasste nicht nur die Bewahrung des Korans, sondern auch seine richtige Rezitation und die korrekte Anordnung der einzelnen Abschnitte zu einem Buch. Er enthüllte Seinem Gesandten den genauen Platz jedes Verses und jeder Sure im Gesamtgefüge.
(O du Prophet!) Bewege nicht deine Zunge vorschnell (um ihn in deinem Herzen sicher festzuhalten).Es obliegt Uns, ihn (in deinem Herzen) zu sammeln, damit du imstande bist, ihn (auswendig) vorzutragen. Wenn Wir ihn also vortragen, dann folge seiner Lesung. Danach obliegt Uns fürwahr seine Erläuterung. (75:16-19)
Hoch erhaben ist Gott, der Höchste Herrscher, die Vollkommene Wahrheit und der Ewigwährende. Lege keine Eile an den Tag (o Gesandter) mit (dem Entgegennehmen und Einprägen jeglicher Offenbarung, einschließlich des) Korans, bevor sie dir vollständig offenbart worden ist, sondern sage: „O mein Herr, lass mich an Wissen zunehmen.“ (20:114)
- Der Allmächtige betont, dass sich keine Unwahrheit in den Koran einschleichen kann, und dass es nichts gibt, was Zweifel an der Authentizität des Buches Gottes zu säen vermag: Denn es ist fürwahr ein herrliches, unbezwingbares Buch.
Nichts Unrechtes kann daran herankommen, sei es von vorne oder von hinten (ob durch Argumente und eine Lebenseinstellung, die auf moderne Philosophien zurückzuführen sind, oder durch Angriffe aus der Vergangenheit, die auf früheren Schriften beruhen; es ist) ein Buch, das in Abschnitten herabgesandt wird von dem Einen Weisen, der würdig ist des Lobes (dem aller Preis und Dank gebührt). (41:41-42)
- Einmal im Jahr pflegte der Gesandte Gottes, Friede und Segen seien mit ihm, den bis dahin offenbarten Text gemeinsam mit dem Erzengel Gabriel zu prüfen. In seinem letzten Jahr auf Erden, als der Koran bereits vollständig war, suchte ihn Gabriel sogar zweimal zu diesem Zweck auf. Der Gesandte schloss daraus, dass sein Tod nahe bevorstand. (Yildirim, 43, 62-3)
- Von der ersten Offenbarung an schenkten die Prophetengefährten, möge Gott Wohlgefallen an ihnen finden, dem Koran höchste Aufmerksamkeit. Sie taten ihr Bestes, um ihn zu verstehen, ihn auswendig zu lernen und Nutzen aus ihm zu ziehen. Und genau das empfiehlt uns ja der Koran:
Wenn der Koran also vorgetragen wird, dann hört aufmerksam zu und horcht schweigend hin, damit euch Barmherzigkeit zuteil werde. (7:204)
- Als die ersten Koranverse offenbart wurden, gab es nur Wenige, die lesen und schreiben konnten. Nach der Schlacht von Badr, der ersten offenen Konfrontation zwischen den Muslimen und den Götzenanbetern aus Mekka, wurde jedem Kriegsgefangenen, der 10 Muslimen aus Medina Lesen und Schreiben beibringen würde, in Aussicht gestellt, frei gelassen zu werden. Diejenigen, die davon profitierten, nahmen sich von Beginn an vor, den Koran auswendig zu lernen; schon deshalb, weil die Rezitation mancher Abschnitte für das Pflichtgebet vonnöten ist, aber auch, weil der Koran etwas ganz Neues für sie darstellte; weil er ihren Kopf von Vorurteilen und falschen Annahmen reinigte und ihr Herz von der Sünde befreite, und nicht zuletzt, weil er den Aufbau einer Gesellschaft der geläuterten Menschen ermöglichte.
- Wer eine Vorstellung davon bekommen möchte, welche Mühen die Gefährten des Propheten auf sich nahmen, um den Koran auswendig zu lernen, und wie viele von ihnen mit dem Auswendiglernen beschäftigt waren, muss sich nur vergegenwärtigen, dass allein bei der Niederlage von Bi’r al-Ma’una (wenige Jahre nach der Emigration von Mekka nach Medina) 70 Gefährten, die den Koran auswendig gelernt hatten, den Märtyrertod starben. Noch zu Lebzeiten des Propheten fielen 70 weitere. Als der Prophet selbst dann starb, konnten bereits viele seiner Gefährten den Koran frei rezitieren. Zu ihnen gehörten Ali ibn Abi Talib, Abdullah ibn Mas’ud, Abdullah ibn Abbas, Abdullah ibn Amr, Hudayfa ibn al-Yaman, Salim, Mu’adh ibn Dschabal, Abu d-Darda, Ubayy ibn Ka’b sowie Aischa und Umm Salama (zwei Frauen des Propheten). Neue Konvertiten oder Immigranten wurden nach Medina zu den Gefährten geschickt, um sie im Koran zu unterweisen. Da jedes Mal, wenn die neu Lernenden mit ihrer Rezitation begannen, ein Stimmengewirr anhob, bat der Prophet sie, leiser zu sprechen, um die anderen nicht zu durcheinander zu bringen. (As-Salih, 57, überliefert von Az-Zarkani)
- Der Koran wurde in Abschnitten und meistens zu bestimmten Gelegenheiten herabgesandt. Jedes Mal, wenn ein Vers, eine Sure oder eine Gruppe von Versen offenbart wurde, wurden diese von vielen Gefährten auswendig gelernt und auf Geheiß des Gesandten Gottes, Friede und Segen seien mit ihm, schriftlich aufgezeichnet. (Der Koran wurde über einen Zeitraum von 23 Jahren hinweg offenbart. Bereits seit der ersten Offenbarung wird er aber als Koran bezeichnet.) Jene, die vom Propheten mit der Niederschrift betraut waren, wurden ‚Schreiber der Offenbarung‘ genannt. Die Historiker sprechen von ungefähr 40 solchen Schreibern, deren Namen auch bekannt sind. Ihre Aufgabe bestand unter anderem darin, die Aufzeichnungen zu kopieren und zu bewahren. (As-Salih, 61, überliefert von Az-Zarkashi, Al-Burhan)
- Als der Prophet, Friede und Segen seien mit ihm, starb, hatten Ali ibn Abi Talib, Mu’adh ibn Dschabal, Abu d-Darda, Ubayy ibn al-Ka’b und andere Gefährten die einzelnen Passagen schon zu einem Buch zusammengetragen. Ali ordnete sie dann der Zeit ihrer Offenbarung entsprechend chronologisch. (M.M. Puye, 95-8, nach den Überlieferungen von As-Suyuti, Al-Itqan, At-Tabarani und Ibn al-Asakir)
- Nach der Schlacht von Yamama, bei der 700 Gefährten, die den Koran auswendig gelernt hatten, den Märtyrertod starben, schlug Umar ibn al-Khattab dem Kalifen Abu Bakr vor, eine ‚offizielle‘ Version zusammenzustellen. Zayd ibn Thabit, ein führender Gelehrter und ‚Auswendiglerner‘ wurde mit dieser Aufgabe betraut. Mit akribischer Gründlichkeit bereitete er die offizielle Sammlung (mushaf) vor. (Yildirim, 62-66; As-Salih, 62-65)
- In Vers 75:17 erklärt der Allmächtige: Es obliegt Uns, ihn (in deinem Herzen) zu sammeln, damit du imstande bist, ihn (auswendig) vorzutragen. Alle Verse und Suren des Korans wurden getreu den Instruktionen des Propheten gesammelt und angeordnet, welche ihrerseits von der Offenbarung geleitet waren. Die offizielle Version wurde nach der Schlacht von Yamama fertiggestellt. Und während der Regierungszeit des dritten Kalifen Uthman wurde sie kopiert und in alle Zentren geschickt. (Yildirim, 66-70; As-Salih, 65-73)
- Mit ausschlaggebend für die Tatsache, dass der Koran bis heute überhaupt nicht verfälscht wurde, ist außerdem, dass er in seiner Originalsprache bewahrt wurde. Kein Mensch in der muslimischen Welt hat jemals ernsthaft in Erwägung gezogen, ihn durch eine Übersetzung zu ersetzen. Daher war er auch nie Gegenstand von unsauberen oder fehlerhaften Übertragungen bzw. von Ergänzungen oder Streichungen.
Der Koran, den wir heute in Händen halten, ist also der gleiche Koran, der dem Propheten von Gott übergeben wurde. Seine Authentizität ist unbestreitbar. Kein muslimischer Gelehrter welcher Strömung auch immer hat dies je bezweifelt. Darüber hinaus hat auch keiner von ihnen jemals in Frage gestellt, dass der Prophet jedes einzelne Wort, dass wir heute im Koran finden, auch wirklich ausgesprochen hat. Mit anderen Worten: Die Koranausgabe, die wir in Händen halten, ist der gleiche Koran, aus dem schon der Gesandte Gottes, Friede und Segen seien mit ihm, rezitiert hat.
Quelle: Ünal, Ali (2012), Der Koran und seine Übersetzung, Fontäne/Offenbach.