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Psychologische Projektion aus islamischer und Freud’scher Sicht

Mohammad Tawfik von Mohammad Tawfik
02. März 2016
Psychologische Projektion  aus islamischer und Freud’scher Sicht
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Projektion ist ein Begriff, den Sigmund Freud dafür geprägt hat, die eigenen Gefühle, Einstellungen, usw. auf andere Menschen zu übertragen – zu projizieren. In diesem Sinne ist die Projektion ein Abwehrmechanismus, eine Strategie zur Bewältigung von Situationen, die uns Angst machen. Zur Verdeutlichung zwei Beispiele: Jemand, der zum Lügen neigt, wird Freud zufolge auch andere Menschen häufiger als Lügner betrachten. Gleiches gilt für einen Dieb. Weil er seine eigene Habgier und Bereitschaft zum Stehlen auf andere Menschen projiziert, wird er sich wahrscheinlich übertriebene Sorgen um die Sicherheit der eigenen Besitztümer machen. Er geht automatisch davon aus, dass alle Menschen genau wie er selbst zum Stehlen neigen.

Wie steht der Islam zu dieser von Freud entwickelten Idee der psychologischen Projektion? Einen guten Einstieg ins Thema bietet uns eine Geschichte, die Said Nursi in seinem Buch Die Worte erzählt. Sie handelt von zwei Reisenden, der eine lebensfroh und optimistisch, der andere ängstlich und pessimistisch. Der Erste sieht vor allem das Positive in der Welt, der Zweite fast nur Negatives. Beide kommen sie auf ihren Reisen an ganz ähnliche Orte und studieren dort das Alltagsleben der Einheimischen. Der Erste ist begeistert, wie schön es die Menschen dort haben, der Zweite dagegen empfindet alles als extrem trostlos.

Said Nursi schreibt nun, dass ihre stark abweichenden Sichtweisen in ihrer Einstellung, in der Haltung ihres Herzens wurzeln. Der erste Reisende litt nicht unter Ängsten. Er hatte sich ganz Gott anvertraut und war deshalb zufrieden und unbeschwert. Er wusste, was auch immer Gott mit ihm vorhatte, würde nur gut für ihn sein. Dementsprechend fürchtete er sich nicht vor der Zukunft. Warum denn auch? Solange er sein Bestes gab, würde Gott ihn mit Sicherheit nicht im Stich lassen. Worum also sollte er sich Sorgen machen? Es gab einfach keinen Grund, sich niedergeschlagen zu fühlen. Gott würde schon auf ihn Acht geben.

Der zweite Reisende dagegen besaß nicht genug Gottvertrauen, um zu glauben, dass Gott die Dinge kontrolliert und in eine positive Richtung lenkt. Er verließ sich vielmehr auf seine eigene Macht, die Dinge zu verändern, und sah schnell ein, dass er damit völlig überfordert war. Immer häufiger verlor er die Kontrolle und fühlte sich dem Lauf der Ereignisse hilflos ausgeliefert. Diese Einsicht verunsicherte ihn zusehends. In seinem Herzen machte sich Angst breit, seine Sorgen nahmen überhand. Und um diese Angst in den Griff zu bekommen, begann er zu trinken und beging noch andere Sünden. Als sich die beiden schließlich trafen, musste er sich von dem ersten Reisenden vorwerfen lassen, dass er nur deshalb alles in einem so negativen Licht sehe, weil es ihm im Herzen an Vertrauen mangle.

Hier zeigt sich ein entscheidender Unterschied zwischen dem von Freud geprägten Konzept der psychologischen Projektion und der islamischen Sichtweise. Für Freud erfolgt eine psychologische Projektion immer dann, wenn jemand seine negativen Gedanken oder Gefühle unterdrücken muss. In den oben angeführten Beispielen sind Lügen und Diebstahl etwas Schlechtes. Die Täter fühlen sich daher gezwungen, ihre Schuldgefühle zu unterdrücken. Im Islam hingegen können einer Projektion auch positive Gefühle zugrundeliegen, wie Said Nursi metaphorisch erklärt.

Eine Projektion dieser Art lässt sich sehr schön mit einer Aussage des Propheten Muhammad zum Herz des Menschen verknüpfen: Im Körper gibt es ein Stück Fleisch. Wenn es gut ist, ist der ganze Körper gut, und wenn es schlecht ist, ist der ganze Körper schlecht. Gemeint ist das Herz. Aus diesen Worten ist abzuleiten, wie wichtig ein gutes Herz für die Beurteilung der Außenwelt ist. Wenn wir den Hadith auf die Geschichte der beiden Reisenden übertragen, dann bekommt der zweite Reisende von seinem schlechten Herz (oder, um es für diesen Fall noch präziser auszudrücken: von seinem unaufrichtigen, unsicheren und besorgten Herz) eine schlechte Welt vorgespiegelt. Beim ersten Reisenden verhält es sich genau umgekehrt.

Diesen Aspekt der menschlichen Psyche sollten gerade auch Muslime unbedingt durchschauen. Denn Gott verlangt von ihnen, dass sie mit anderen Menschen in Kontakt treten und dabei das Gute gebieten und das Böse verhindern. Das sollen sie unabhängig von ihrem Beruf tun, egal ob sie Ingenieure, Pädagogen, Psychologen, Polizisten oder Offiziere sind. Wenn wir dabei erfolgreich sein möchten, dann müssen wir unnötige Projektionen aus unserem Denken und Reden herausfiltern. Ein guter muslimischer Psychologe zum Beispiel, der eine Beratungsfunktion ausübt und zufällig auch alleinstehend ist, muss aufpassen, dass er seine Klienten nicht aus dem Blickwinkel seiner eigenen Persönlichkeit wahrnimmt. Er darf also keine voreiligen Schlüsse ziehen, indem er etwa annimmt, dass sein Klient einsam ist (nur weil er selbst sich als Alleinstehender einsam fühlt) und dass alle Probleme seines Klienten in dessen Einsamkeit wurzeln. Vielmehr muss er versuchen, sich in ihn hineinzuversetzen und seine Situation zu verstehen. Anschließend muss er die Dinge so objektiv wie möglich analysieren.

Das Phänomen der Projektion verdeutlicht außerdem, wie wichtig es ist, das Herz zu reinigen, um zu einer optimistischeren Weltsicht zu gelangen. Schon der berühmte islamische Theologe, Philosoph und Sufimeister Al-Ghazali (1058-1111) beschrieb, dass vor allem das Gottesgedenken dabei helfen kann. Wer neben den obligatorischen Formen der Anbetung noch zusätzliche vollzieht, ist auf einem guten Weg dorthin. Zu erwähnen in dieser Hinsicht sind beispielsweise Istighfar (u.a. das reuevolle Bittgebet vor dem Einschlafen) oder Muraqaba (Selbst-Kontrolle). Wer sein Herz reinigt, sieht alles in einem positiveren Licht; er wird erkennen, was verbesserungswürdig ist, und Chancen, die sich ihm bieten, nutzen können.

Wenn wir das Prinzip der psychologischen Projektion begreifen, durchschauen wir auch leichter, welche Motive sich möglicherweise hinter Kritik verbergen – dass Kritik nämlich in vielen Fällen darin wurzelt, dass sich das Herz dessen, der sie übt, in einem schlechten Zustand befindet. Oftmals geben wir solcher Kritik allzu schnell nach. Wir lassen uns von ihr blenden und tun dann nicht mehr, was wir eigentlich tun sollten. Ein Beispiel: Angenommen, ein Mann wird von seinem Freund darauf hingewiesen, er solle besser nicht so vornehme (und offensichtlich teure) Kleidung beim Moscheebesuch tragen. Sonst würden die Leute hinter seinem Rücken schlecht über ihn sprechen, weil sie ihn beneiden. Dann ist es durchaus denkbar, dass diese Warnung einzig und allein den Neid des Freundes auf das gute Aussehen oder das Geld des Mannes widerspiegelt. Wenn der Gewarnte nun auf ihn hört, wird er sich bewusst schlechter kleiden als notwendig. Dabei ruft der Islam doch dazu auf, dass man sich möglichst würdevoll kleiden soll, wenn man in die Moschee geht. Kennt der Gewarnte hingegen das Prinzip der Projektion, wird er den ‚Rat‘ seines Freundes objektiver beurteilen können und wissen, was er davon zu halten hat.

Kehren wir nun aber noch einmal zurück zu der Geschichte von Said Nursi. Aus ihr lernen wir, dass Projektion sowohl gut als auch schlecht für unser Ego sein kann. Das Herz, das ja den Kern des Egos bildet, vermag Gelassenheit, Vertrauen und viele andere positive Gefühle auf das reale Leben zu projizieren, wenn es zuvor gereinigt wurde, rein bleibt und somit die Prinzipien der Religion widerspiegelt. Wenn unser Herz in einem guten Zustand ist, dann hilft uns das in unserem Leben oft weiter, und es erleichtert uns auch die Anbetung Gottes. Wenn unser Herz hingegen von negativen Einstellungen durchdrungen ist, so schadet uns das, weil wir dann unsere schlechten Gedanken und Gefühle nach außen projizieren und die Welt folglich als sehr negativ empfinden. Diese Unsicherheit des Herzens kann uns dazu verleiten, dass wir Sünden aller Art begehen, die in der Gesellschaft von heute weit verbreitet sind.

Abschließend möchte ich noch einmal betonen, dass sich Muslime grundsätzlich darum bemühen sollten, das Prinzip der psychologischen Projektion zu verstehen. Wir als Gläubige sind dazu aufgerufen, mit anderen Menschen zu kommunizieren. Unabhängig davon, ob wir unseren Mitmenschen oder uns selbst helfen wollen, wird es uns zweifellos guttun, wenn wir gründlich über unser Leben, unsere Erfahrungen und unsere Einstellung nachdenken. Dann werden wir erkennen, in welchem Zustand sich unser Herz befindet, was es uns wiederum leichter machen wird, Dinge zu verbessern. Wenn wir als Mensch reifen möchten, führt kein Weg daran vorbei, dass wir unsere Gefühle und Gedanken immer wieder hinterfragen und somit ihren wahren Kern freilegen.

Mohammad bin Mohammed Tawfik

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